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Weshalb Small Caps jetzt günstig sind

Dezember 2023
Erstmals seit 20 Jahren gibt es keinen Bewertungsaufschlag für Nebenwerte gegenüber dem MSCI Weltindex, zeigt Tilmann Galler, J.P. Morgan Asset Management, auf. Galler erklärt, was hinter der Entwicklung steckt.
JP Morgan AM
Tilmann Galler, JP Morgan AM

Lange Zeit galt für Anleger an den Börsen das Mantra: „Klein aber fein!“ Mit Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe ließ sich prächtig verdienen, gerade auch im Vergleich zu den großen Standardwerten, konstatiert Tilmann Galler, globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt, in seinem aktuellen Marktkommentar. Darin geht Galler auf die Hintergründe ein und zeigt auf, ob sich der Einstieg nun lohnt:

Weniger Transparenz und geringere Liquidität werden gerne als Erklärungen genannt, warum Small Caps eine höhere Risikoprämie gegenüber den Large Caps verdienen. Doch der Wind hat sich inzwischen massiv gedreht. Seit Jahresbeginn haben sich globale Small-Cap-Aktien, um 12 Prozent schlechter als Large Caps entwickelt. Auch die langfristige Wertentwicklung hat gelitten. In den letzten zehn Jahren schnitten die so genannten Nebenwerte jährlich um 2,2 Prozent schlechter ab, als die großkapitalisierten Titel. Von einer Risikoprämie keine Spur. Sollte dieser Umstand Investoren nun ermutigen, Small Caps wieder stärker im Portfolio zu berücksichtigen? Dafür sprechen zumindest die verbesserten Bewertungen.

BEWERTUNGSAUFSCHLAG GESCHMOLZEN

In den letzten 20 Jahren waren globale Small Caps im Durchschnitt mit dem 27-fachen des Gewinns bewertet und damit um neun Punkte höher als der breite MSCI World Index. Die schwache Wertentwicklung hat den Bewertungsaufschlag zum ersten Mal in den letzten 20 Jahren verschwinden lassen. Gerechtfertigt wurde dieser in der Vergangenheit mit der besseren Wachstumsperspektive. Doch wie steht es nun um das Wachstum, sowohl aus zyklischer als auch struktureller Sicht?

Was die strukturellen Trends betrifft besteht immer die Hoffnung, dass die zukünftigen Apples, Microsofts und Novo Nordisks sich bereits heute im Universum der Small Caps befinden. Doch neben innovativen und wachstumsstarken Unternehmen gibt es auch viele kleinkapitalisierte Unternehmen, die es nie geschafft haben, groß zu werden. Ein Blick auf die Branchenverteilung im MSCI World Small Cap Index im Vergleich zum MSCI World Index zeigt, dass viele wachstumsstarke und innovative Branchen unterrepräsentiert sind. IT, Kommunikation und Gesundheit sind um zehn, vier und 2,5 Prozent geringer gewichtet als im Large-Cap-Index.

Bei globalen Small Caps dominieren eher traditionelle Branchen wie Industrie (20 Prozent) und Immobilien (acht Prozent). Das war nicht immer so. Immer höhere Anforderungen an börsengelistete Unternehmen haben zur Folge, dass es vielversprechende Unternehmen inzwischen vorziehen „privat“ zu bleiben. Das nötige Eigenkapital für das Wachstum wird von Private Equity zur Verfügung gestellt. Generell sehen wir den Trend, dass Private Equity immer mehr die Finanzierungsfunktion des Aktienmarkts übernimmt. So lässt sich im börsengelisteten Eigenkapitalsegment seit einigen Jahren eine Art von Negativselektion beobachten. Ein weiterer Hinweis auf die Qualitätsverschlechterung im Small-Cap-Bereich ist der Anteil der unprofitablen, auch gerne „Zombie-Unternehmen“ genannten Firmen. In den USA liegt ihr Anteil inzwischen bei 45 Prozent. Der Durchschnitt lag vor der Finanzkrise bei 27 Prozent. In Summe lassen der Branchen-Mix und die schlechter werdende Qualität eine im Vergleich zur Historie geringere Small-Cap-Prämie erwarten.

DAS BILD HELLT SICH AUF

Aus zyklischer und eher taktischer Sicht sollte ein Investment in Small-Caps vor dem Hintergrund aktuell erhöhter Rezessionsrisiken eingeordnet werden. Im Vorfeld einer Rezession entwickeln sich nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte Aktien mit hoher Eigenkapitalrentabilität, stabiler Ertragslage und niedriger Nettoverschuldung besser als der Markt – hohe Qualität schlägt niedrige Qualität. Bei allen drei Kennzahlen haben die Large Caps die Nase vorn. Doch wenn wir etwas weiter in die Zukunft blicken, hellt sich das Bild für Small Caps auf. In den letzten drei US-Rezessionen war es auf Dreijahres-Sicht eine erfolgreiche Strategie, erst zu Beginn einer Rezession Small Caps den Vorzug gegenüber Large Caps zu geben. Fallende Finanzierungskosten und die Aussicht auf eine zukünftige wirtschaftliche Erholung geben dann dem Segment den nötigen Rückenwind, um sich besser als der breite Markt zu entwickeln.

Auch wenn es aktuell noch etwas zu früh scheint, die aktuell günstigen Bewertungen für eine stärkere Gewichtung von Small Caps im Portfolio zu nutzen: Es dürfte nicht mehr allzu lange dauern, bis die Zinswende ein attraktiveres Umfeld für das Segment schafft.