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SVB Financial: Droht ein Dominoeffekt?

März 2023
Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH, mahnt die Folgen des Zusammenbruchs der SVB Financial, einem US-Finanzierer zahlreicher Start Up-Unternehmen, zu unterschätzen. Bente zufolge könnten die Probleme der erste fallende Stein in einem Finanz-Domino sein.
Vates Invest GmbH
Benjamin Bente, Vates Invest GmbH

Die US-Börsen sind am Donnerstag, den 9. März, massiv eingebrochen. Auslöser war der Zusammenbruch einer vergleichsweise kleinen Bank, der SVB Financial. „Die Bedeutung dieses Zusammenbruchs reicht aber weit über diese einzelne Bank hinaus“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Er zeigt, dass es gerade bei den Banken, die die Tech-Firmen mit billigem Geld gepusht haben, massive Probleme gibt.“ Diese Probleme könnten der erste fallende Stein in einem Finanz-Domino sein.

Für manche mag es verwunderlich sein, dass die Ursache für die massiven Kursverluste in den USA eine relativ kleine Bank aus dem Silicon Valley sein soll. „Es ist allerdings bereits die zweite techfokussierte Bank nach Silvergate Ende vergangenen Jahres“, sagt Bente. „Das zeigt, dass es zunehmend Probleme in dem Teilsegment des amerikanischen Finanzsektors gibt, der im Bereich Tech, im größten Euphoriesegment des letzten Booms, mit Fremdkapital im größeren Stil gearbeitet hat.“

KEIN ISOLIERTES PROBLEM

Die Auswirkungen waren so groß, weil die Märkte im Zusammenbruch der SVB Financial kein isoliertes Problem, sondern die Spitze des Eisbergs bei kleineren und mittleren Banken in den USA sehen. „Diese haben sich in den Boomzeiten des billigen Geldes vollgesogen mit niedrig verzinsten Anleihen, die jetzt durch die deutlichen Zinsanstiege massiv in Buchverlusten notieren“, so Bente. „Insgesamt lagen die Buchverluste des amerikanischen Banksystems im Anleihenbereich bei mehr als 600 Milliarden US-Dollar Ende vergangenen Jahres.“ Diese Buchverluste sind kein Problem, solange sie nicht realisiert werden müssen.

Bei SVB mussten sie aber realisiert werden, da Zweifel an der Liquidität entstanden. Befeuert unter anderem vom Großinvestor Peter Thiel, der zum Abzug von Einlagen bei der SVB riet, kam es zu einem Bank Run. „Oder eher zu einem Bank Sprint, weil die Geschwindigkeit, mit der dort die Mittel abgezogen werden, vieles in den Schatten stellt, was man bisher kannte“, so Bente. „So musste die Bank ihre nicht realisierten Verluste im Anleihenportfolio aufdecken und es entstand ein Teufelskreis, der dann in der Regel in die Pleite führt.“

Grundsätzlich haben viele Banken dieses Problem und das erklärt auch, warum der Aktienmarkt gestern so sensitiv auf das Thema reagiert hat. Große Banken haben das gleiche Problem, nur ist deren Abhängigkeit von einzelnen Kundensegmenten weit geringer, dementsprechend halten sie kleineren Stürmen auch problemlos stand. „Aber wenn auf diesen Zinsschock, den es ja genauso auch in den Büchern der großen Banken gab, dann noch eine saftige Rezession kommt, dann muss man sich die Frage stellen, ob wirklich jede größere Bank zweifelsohne stabil ist“, sagt Bente.

EIN SYSTEMISCHES RISIKO?

Insofern ist es interessant, dass die meisten Kommentatoren SVB als einen Einzelfall klassifizieren und keine systemischen Risiken sehen. „Dies war im Vorfeld der 2008er-Immobilienkrise ganz genauso“, sagt Bente. „Im August 2007 ging Countrywide Financial Pleite, die kaum einer kannte und alle als einen Einzelfall abtaten.“ Dabei war es der Auftakt einer Kette. „Countrywide Financial so wie jetzt vielleicht SVB Financial sind für sich genommen irrelevante Player“, so Bente. „Aber sie sind diejenigen, die am aggressivsten das falsch gemacht haben, was alle im letzten Boom falsch gemacht haben, was sich jetzt rächt durch die massive Restriktivität in der Geldpolitik.“ Dementsprechend war Countrywide Financial damals kein Einzelfall, sondern der erste Dominostein. „Vielleicht ist es jetzt hier ähnlich“, sagt Bente.

Umso erstaunlicher, dass insbesondere die deutschen Anleger diese ganzen Risiken immer noch komplett zu ignorieren scheinen. Wenn man auf den Dax schaut, dann gibt es ja aus Sicht deutscher Investoren offenbar kein Risiko mehr, außer das FOMO-Risiko, also den Weg nach oben zu verschlafen. Da passen solche Nachrichten wie gestern, aber auch die weiterhin enorm hohen Rezessionsrisiken eigentlich nicht ins Bild. Man fragt sich schon, ob die deutschen Anleger gerade ein Stück weit auf einem eigenen Planeten leben. „In der Regel war es in der Vergangenheit so, dass die Erdung relativ schnell und dann auch heftig stattfand, denn natürlich sind wir von den Gesamtzusammenhängen abhängig und die sind, wie man gestern gesehen hat, nicht so rosig wie der Dax vermuten lässt“, sagt Bente.