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Sicherheit gibt es nicht

August 2023
Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, erklärt, weshalb er beim Thema „sichere Investments“ Vorsicht walten lassen würde.
Grüner Fischer
Thomas Grüner, Grüner Fisher

Mit einer wachsenden Anzahl an Umweltkatastrophen rund um den Globus, bei denen viele Menschenleben bedroht sind und Sachschäden entstehen, tauchen mittlerweile immer häufiger Investmentgeschichten in den Finanzmedien auf, welche vermeintlich „sichere Geldanlagen“ in Frage stellen. „Waldbrände in Maui oder Hitzewellen in Spanien, Portugal und Frankreich sorgen für eine neue Situation. Vermehrt werden auch defensive Sektoren am Aktienmarkt in Frage gestellt“, ordnet Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, ein. Ist Sicherheit in der Geldanlage somit nicht mehr existent? Der Frage geht Grüner nach.

DEFENSIV IST NICHT „SICHER“

Sicherheit in der Geldanlage sei ein nicht vorhandenes Gut. Risiken könnten variieren, doch seien sie omnipräsent. Bestimmte Sektoren am Aktienmarkt würden sich traditionell defensiv und somit unabhängiger von den Hoch- und Tiefpunkten der Wirtschaft verhalten. Menschen würden auch in schwierigen Zeiten Licht und Heizung anmachen, was den Versorgern schwankungsarme Erträge verspreche. „Somit entsteht in guten Zeiten häufig eine Underperformance und in schlechten Zeiten eine Outperformance gegenüber dem breiten Markt. Diese Entwicklung ist nicht narrensicher, stellt aber einen guten Indikator für Marktphasen dar“, erklärt Grüner. „Defensiv“ meine in diesem Zusammenhang jedoch nicht sicher, sondern eher antizyklisch.

Der Begriff „sicher“ würde von Fachleuten oft als falsches Synonym verwendet, was dazu führen könnte, dass vergessen wird, dass Versorgungsunternehmen ebenfalls geschäftlichen Risiken ausgesetzt seien. Grüner dazu: „Der größte kalifornische Stromversorger PG&E bewies dies 2018, als die Behörden seine Stromleitungen für die Brände in Paradise verantwortlich machten, was zum Konkurs des Unternehmens beitrug. Jetzt scheinen die Anleger ein ähnliches Ergebnis für Hawaiian Electric einzupreisen, da das Unternehmen für den Beitrag seiner Stromleitungen und Verfahren zu der Tragödie bestraft werden könnte. Die Eigenschaften des Sektors haben sich jedoch nicht verändert.“

SICHERE ANLAGEFORM IN DER PERSPEKTIVE

„Wann immer Sie eine als ‚sicher‘ bezeichnete Anlage sehen, sollten Sie sich informieren. Stellen Sie Fragen. Stellen Sie Nachforschungen an. Denn ‚sicher‘ gibt es nicht. Die überwiegende Mehrheit der Anleger hält US-Staatsanleihen für sicher, dennoch unterliegen sie dem Zinsrisiko, dem Inflationsrisiko und anderen Faktoren, die zur Volatilität beitragen“, führt Grüner aus. Vor 2008 hätten Bankaktien den Ruf gehabt, schwerfällige Werte mit sicheren, hohen Dividenden zu sein. Aus heutiger Sicht – und nach der globalen Finanzkrise 2008/2009 – höre sich das fast nach einem Witz an. Wären Geldmarktfonds wirklich „sicher“, würden die Aufsichtsbehörden nicht verzweifelt versuchen, in Zeiten von Marktstress einen Ansturm auf diese Fonds zu verhindern. „Selbst wenn einige Versorgeraktien nicht wertlos werden, kann der Besitz vieler defensiver Aktien in einem Bullenmarkt enorme Opportunitätskosten mit sich bringen – ein sehr reales Risiko, das viele außer Acht lassen“, erklärt Grüner.

FAZIT

„Jede Investition birgt Risiken. Diese sind unvermeidlich. Der Schlüssel liegt darin, diese Risiken zu erkennen und sie gegen die potenziellen Vorteile abzuwägen“, fasst Grüner zusammen. Bei Bargeld handele es sich in der Regel um einen Kompromiss zwischen Liquidität und Stabilität und den Risiken einer Inflation, welche die Kaufkraft aufzehre. Bei Aktien insgesamt gehe es im Allgemeinen um ein Gleichgewicht zwischen kurzfristiger Volatilität und erwarteter langfristiger Rendite. Und bei einzelnen Aktien gehe es darum, die spezifischen Risiken und Chancen der einzelnen Branchen und Sektoren zu erkennen und nicht einfach Binsenweisheiten für bare Münze zu nehmen.