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DWS-Marktausblick 2024

Dezember 2023
Die Renditechancen für Risikoanlagen seien gut, trotz diverser Unsicherheiten, meinen die DWS-Experten. Sie finden japanische und europäische Aktien am aussichtsreichsten.
DWS
Björn Jesch, DWS

„Wir sehen derzeit das Comeback von Zinsanlagen nach einer historisch langen Verlustphase von 38 Monaten bei Dollar-Anleihen,“ sagt Björn Jesch, Global CIO der DWS. Die Zeit der Alternativlosigkeit von Aktien sei erst einmal vorbei. „Aus der Multi-Asset-Perspektive können wir mit den derzeitigen Herausforderungen – geopolitische Spannungen, Zentralbanken am Scheideweg, höhere Zinsen – sehr gut umgehen. Wir favorisieren robuste, gut diversifizierte Portfolios, die mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Szenarien gut zurechtkommen sollten“, so Jesch. „Angesichts unseres Basisszenarios einer soften Landung der Wirtschaft bei einem Rückgang von Inflation und Zinsen sind wir positiv für eine längere Duration gestimmt“, sagt Jesch.

In Sachen Inflationsentwicklung gibt er allerdings zu bedenken: „Die Inflation von zehn auf fünf Prozent zu senken, war für die Notenbanken der leichtere Part. Von fünf auf die von den Notenbanken angestrebten zwei Prozent zu kommen, wird deutlich schwieriger.“ Bei der Aktien-Allokation ist der Chefanlagestratege angesichts der gestiegenen Attraktivität von Zinsanlagen und der geopolitischen Risiken im Nahen Osten neutral positioniert und favorisiert Europa und Japan gegenüber den USA. Auf Sektorebene favorisiert er eine eher defensive Ausrichtung. Aussichtsreich erscheint ihm beispielsweise der Sektor Kommunikationsdienstleistungen. Bei den Anlagestilen favorisiert Jesch Wachstumswerte mit Qualität zu vernünftigen Bewertungen. Gold habe als Risikobegrenzer und auch als Renditebringer seine Berechtigung im Portfolio, so Jesch. Sein Kursziel für die Feinunze per Ende 2024: 2.250 Dollar.

ERSTE ZINSSENKUNG 2024 ERWARTET

„Wir erwarten weder für die USA noch für die Eurozone weitere Zinserhöhungen. Die Geldpolitik dürfte nach dem Anstieg der Leitzinsen – 450 Basispunkte in der Eurozone und mehr als 500 Basispunkte in den USA – ausreichend restriktiv sein, um die Inflation und das Wachstum abzubremsen“, sagt Johannes Müller, Global Head of Research. Auch wenn die Zentralbanken derzeit noch zögerten, Zinssenkungen zu thematisieren, erwartet Müller, dass die Leitzinsen in Europa und in den USA erstmals im Juni 2024 wieder gesenkt werden.

Das Wirtschaftswachstum werde in Europa im ersten Halbjahr 2024 schwach ausfallen und auf Jahressicht bei 0,7 Prozent liegen, etwa so wie in diesem Jahr. Die US-Wirtschaft habe sich bislang erstaunlich gut gehalten. „Aber auch für sie erwarten wir eine Wachstumsabschwächung auf 0,8 Prozent im Jahr 2024 nach 2,3 Prozent im laufenden Jahr“, so Müller. In China dürfte sich die Situation im Laufe des nächsten Jahres deutlich verbessern. Die Erholung des angeschlagenen Immobiliensektors brauche aber wohl noch etwas länger. Das Wachstum dürfte in China 2024 bei 4,7 Prozent liegen.

2024 werde geprägt sein von einer Vielzahl von Wahlen, unter anderem in den USA, Indien, Russland, Taiwan und Südkorea. Kurzfristig könnte es hier zu deutlichen Marktreaktionen kommen – höhere Risikoaufschläge für Anleihen, fallende Aktienkurse, erhöhte Volatilität, Flucht in vermeintlich sichere Anlagen. „Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass derartige Reaktionen nicht lange anhalten und die Auswirkungen bis auf Sektoren oder einzelne Anlagen sehr begrenzt sind“, so Müller.

POSITIVE GESAMTRENDITEN IN VIELEN BEREICHEN

„Wir erwarten an den Anleihemärkten im nächsten Jahr positive Gesamtrenditen in den meisten Marktsegmenten“, sagt Oliver Eichmann, Head of Rates Fixed Income EMEA. „Unsere Favoriten sind Staatsanleihen mit kurzer und mittlerer Laufzeit und Unternehmensanleihen.“ Eichmann erwartet, dass die Renditen am kurzen Ende sinken werden, zweijährige US-Staatsanleihen um 100 und deutsche Kurzläufer um etwa 50 Basispunkte. Mögliche Risiken sieht er, falls die Inflation 2024 höher bleiben sollte als momentan erwartet und deshalb die erwarteten Zinssenkungen nicht kommen sollten sowie in einem „Überangebot“ an Anleihen.

Positiv ist Eichmanns Ausblick für Unternehmensanleihen: „Niedrige Wachstumsraten und die Aussicht auf Leitzinssenkungen sind erfahrungsgemäß ein gutes Umfeld für Investment-Grade-Unternehmensanleihen. Unsere Favoriten sind Euro Investment-Grade- Unternehmensanleihen.“ Günstige Bewertungen und hohe Renditen sollten verstärkt Kapital anziehen. Die Zinsaufschläge dürften etwas zurückgehen. Besonders aussichtsreich: Senior-Bankanleihen, deren Zinsaufschläge etwas zurückgehen sollten. Die relativ hohen Renditen von High-Yield-Bonds dürften für Investoren ebenfalls auch 2024 interessant sein. Die Bewertungen seien angesichts der Rating-Qualität und der wie erwartet moderaten Ausfallraten attraktiv. Risiken für die Anlageklasse könnten sich bei einer weiteren Eskalation der geopolitischen Lage und einer stärker als derzeit erwarteten Rezession ergeben.

EUROPA UND JAPAN AM AUSSICHTSREICHSTEN

„Nach drei Jahren, in denen die Unternehmensgewinne global stagnierten, erwarten wir für 2024 ein Wachstum von acht Prozent in den Industrienationen und elf Prozent in den Schwellenländern“, sagt Marcus Poppe, Co-Head europäische Aktien. „Damit liegen wir allerdings etwa drei Prozent unter den Konsensus-Erwartungen, die unserer Meinung nach zu optimistisch sind, da sie die Auswirkungen des hohen Zinsniveaus nicht genügend berücksichtigten“, so Poppe. Besonders optimistisch seien die Erwartungen für den MSCI All Country Asia ex Japan – hier seien die Konsensus-Erwartungen für das Gewinnwachstum mit 21 Prozent besonders hoch. Die DWS erwarte dagegen ein Wachstum von 13 Prozent.

2024 seien Gesamtrenditen von sechs Prozent an den globalen Aktienmärkten realistisch. Der US-Markt sei sehr hoch bewertet, die zuletzt gesehene Outperformance gegenüber europäischen Aktien gehe fast ausschließlich auf das gute Abschneiden der „Magnificent Seven“ zurück. An deren hohem Einfluss dürfte sich auch 2024 erst einmal nicht viel ändern. Sie dürften im S&P 500 im kommenden Jahr für 20 Prozent des Gewinnwachstums sorgen. „Anleger werden sich zumindest so lange an die Gewinner halten, bis es mehr Klarheit zur künftigen Geldpolitik gibt“, erwartet Poppe.

Die Aktienmärkte in Europa und Japan seien 2024 aussichtsreicher als der breite US-Markt. In Europa seien insbesondere Nebenwerte interessant, die unter der Risikoaversion an den Märkten gelitten hätten und niedrig bewertet seien. „Sollte es – wie wir es erwarten – zu einer weichen Landung der Wirtschaft kommen, können diese Titel äußerst chancenreich sein“, so Poppe. „Für Asien ist unser Top-Pick Japan, sowohl unter Bewertungsaspekten als auch was das Gewinnwachstum angeht, das vom schwachen Yen unterstützt wird“, sagt Poppe. Japanische Aktien seien zudem eine gute Möglichkeit, von den Wachstumschancen Chinas zu profitieren.

IMMOBILIEN: GÜNSTIGER EINSTIEG

„2024 dürfte ein guter Zeitpunkt sein, um in börsennotierte Immobilien (REITS) zu investieren“, sagt Jessica Hardman, Head of European Real Estate Portfolio Management. Die Marktrisiken seien nach den Kursrückgängen der letzten 18 Monate weitgehend eingepreist. Am europäischen Markt seien die Bereiche Wohn- und Logistikimmobilien besonders aussichtsreich. Das Angebot sei gering, die höheren Finanzierungskosten führten zu einer deutlich höheren Nachfrage nach Mietimmobilien, die Mietpreise dürften wieder steigen.

Chancen sieht Hardman auch im Bereich Real Estate Debt, also der Finanzierung von Immobilieninvestments. Die Margen hätten sich zuletzt dank der gestiegenen Zinsen verbessert, die Konkurrenz nachgelassen. Besonders interessant: Finanzierungen, die dazu verwendet werden, Immobilien nachhaltiger zu machen sowie Finanzierungen von Wohn- und Logistikimmobilien.

Mit Blick auf den wachsenden Markt von Infrastruktur-Aktien-Investments sagte Hardman: „Das Segment ist deutlich besser investierbar als in der Vergangenheit.“ Anleger hätten sich bei Aktieninvestments zuletzt zurückgehalten. „Im vorigen und im laufenden Quartal sehen wir eine Trendwende – Transaktionen und Investments haben wieder angezogen“, so Hardman. Aussichtsreich seien auch Infrastruktur-Finanzierungen – „Infrastructure Debt“. Die Anlageklasse profitiere von dem Finanzierungsbedarf im Zusammenhang mit Megatrends wie dem Übergang zu nachhaltiger, klimaneutraler Energieversorgung und der Digitalisierung. Bei Infrastruktur-Finanzierungen gebe es in den nächsten zwei Jahren einen erhöhten Refinanzierungsbedarf, da viele Schuldtitel ausliefen. Die Zinsaufschläge seien derzeit attraktiv. Hardman: „Bei Senior Bonds liegen sie bei 25 bis 50, bei Junior Bonds 50 bis 75 Basispunkte höher als vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine.“