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Wie lange hält Europas Aufschwung?

Juli 2025

Europäische Aktien haben zuletzt einen schönen Kurszuwachs verzeichnet. Felix Herrmann, Aramea AM, erklärt, welche Aspekte ihn nunmehr vorsichtiger stimmen.

Aramea AM
Felix Herrmann, Aramea AM

In den USA ist die Beurteilung der tatsächlichen konjunkturellen Dynamik aufgrund der starken Vorzieheffekte schwierig, konstatiert Felix Herrmann, Chefvolkswirt bei Aramea Asset Management, in seinem Marktkommentar. Darin erläutert er weitere Aspekte.

Arbeitsmarktdaten, die weniger anfällig für Verzerrungen sind, suggerieren derzeit recht klar eine Abkühlung der US-Wirtschaft. Trumps Politik beeinflusst Investitions- und Einstellungsentscheidungen negativ, sodass alles andere als eine weitere wirtschaftliche Verlangsamung für uns eine große Überraschung wäre. Nicht nur die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) sorgt sich vor der Rückkehr der Inflation in den USA. Die Preise könnten im zweiten Halbjahr zollbedingt einen Satz nach oben machen. Bis zuletzt verkauften viele Unternehmen noch Güter aus ihren Lagern ab, die keinem Zoll unterlagen. Dies wird sich sehr zeitnah ändern.

DIENSTLEISTUNGSSEKTOR IM FOKUS

In Europa tritt die Wirtschaft auf der Stelle. Der weniger zollsensitive Dienstleistungssektor gibt besonderen Anlass zur Sorge. Der durchschnittliche Einkaufsmanagerindex für das Quartal ist der schwächste seit Ende 2023. Mit dem Konflikt im Mittleren Osten droht zudem weiteres Ungemach für Europas Wirtschaft. Bleibt also bis auf weiteres nur die Hoffnung auf die Effekte der steigenden Fiskalausgaben – vor allem in Deutschland.

Die US-Notenbank Fed geht trotz der bestehenden Unsicherheit offenbar davon aus, dass die Zollpolitik Trumps einen stärkeren stagflationären Schock für die US-Wirtschaft darstellt. Auf der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses wurden die Inflations- und Wachstumsprognosen entsprechend nach oben beziehungsweise unten korrigiert. Aus unserer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in diesem Jahr keine weitere Zinssenkung in den USA mehr geben wird.

STEIGENDE ZINSEN

Im Euroraum treten Zinsen und Spreads seit geraumer Zeit auf der Stelle – und das auf Niveaus, bei denen sowohl deutsche Bundesanleihen als auch Spreadprodukte als relativ teuer anzusehen sind. In der zweiten Jahreshälfte dürfte nun zumindest bei den deutschen Zinsen Bewegung in die Sache kommen. Der deutsche Staat beginnt aufgrund der Ausgabenprogramme mehr Anleihen zu emittieren, sodass sich das Angebots-Nachfrage-Verhältnis spürbar ändern sollte. Wir rechnen mit einem Anstieg der zehnjährigen Bundrendite in Richtung 2,75 Prozent über die nächsten Monate. In den USA stehen die Zeichen ebenfalls auf steigende Zinsen.

Auf der Aktienseite war die Eu(ropa)phorie im ersten Quartal groß: Die Outperformance von europäischen gegenüber US-Aktien war nicht nur atemberaubend, sie kam für die allermeisten Anleger auch komplett unerwartet. Bereits im zweiten Quartal trat allerdings schon wieder Ernüchterung ein. Mit Blick nach vorne werden Aktien aus Europa für eine überschaubare Zeit nur dann mit Titeln aus den USA Schritt halten können, wenn die geopolitischen Risiken abebben, die Politik hierzulande ihre Hausaufgaben macht und die Unternehmensgewinne sprudeln. Aber machen wir uns nichts vor: Für mehr als ein temporäres Zwischenhoch wird es für europäische Aktien wohl nicht reichen.