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Was der EU-USA-Deal bedeutet

Juli 2025

Bei der DWS wird erwartet, dass sich aufgrund der Zölle die US-Inflationsrate in den kommenden Monaten erhöhen und deshalb im Fokus der US-Notenbank bleiben wird.

DWS
Vincenzo Vedda, DWS

Die Europäische Union (EU) und die USA haben nun eine Vereinbarung getroffen, die den Zollstreit zumindest vorläufig beilegen sollte. Es handelt sich hierbei zwar nicht um ein Zollabkommen, sondern um eine vorläufige Einigung, die noch zahlreiche Details (und Raum für Interpretationen) offenlässt, konstatiert Vincenzo Vedda, Global Chief Investment Officer bei der DWS, in seinem neuen Marktkommentar. Allerdings senkt der Deal die Unsicherheit für europäische Exporteure und US-amerikanische Importeure deutlich.

DIE ZENTRALEN PUNKTE

Für fast alle Importe aus der EU werden in den USA Zölle in Höhe von 15 Prozent erhoben. Dieser Zollsatz ist umfassend und nicht additiv, d.h. er wird nicht etwa auf andere bereits bestehende Zölle draufgeschlagen, sondern löst (fast) alle anderen Zölle ab. Dies schließt insbesondere Halbleiter und Autos ein. Letztere waren zuvor mit 27,5 Prozent zu verzollen.

Für Stahl- und Aluminiumimporte werden weiterhin 50 Prozent erhoben. Dabei soll es allerdings Ausnahmenquoten geben und später möglicherweise weitere Verbesserungen.

Für einige Produkte, wie Flugzeugteile, einige chemische und Agrarprodukte und kritische Rohmaterialen sollen Zölle ganz entfallen.

Für pharmazeutische Produkte sollen – zumindest vorläufig – ebenfalls die 15 Prozent gelten.

Darüber hinaus verspricht die Europäische Union, über die kommenden Jahre Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar aus den USA zu kaufen und für 600 Milliarden USD in den USA zu investieren sowie vermehrt Rüstungsgüter dort zu bestellen. Details sind hierzu aber noch nicht bestätigt worden.

DIE AUSWIRKUNGEN

Auch wenn die meisten Details noch offen sind, kann man feststellen, dass die Vereinbarung für Europa zunächst positiv zu bewerten ist, da die Vereinbarung viel Unsicherheit nimmt. Die beabsichtigten Käufe von Energie- und Rüstungsprodukten dürften eher Absichtserklärungen entsprechen als tatsächlichen Bestellungen. Die Mitgliedsstaaten der EU sind schließlich souverän und für privatwirtschaftliche Energieeinkäufer kann die EU keine Abnahmeverpflichtungen eingehen.

Allerdings kann nur von einer Verbesserung gegenüber den schlimmsten Erwartungen, die US-Präsident Donald Trump im Vorfeld immer weiter in die Höhe getrieben hatte, die Rede sein. Vor Beginn des Handelskrieges lagen die durchschnittlichen Zölle bei unter zwei Prozent, so besehen haben sich die Zölle vervielfacht. Auch gegenüber unserer bisherigen Annahme eines durchschnittlichen Zollsatzes von rund 12 Prozent auf Importe aus der EU fallen die jetzt vereinbarten 15 Prozent höher aus und dürften das Bruttoinlandsprodukt (BIP)-Wachstum in der Eurozone etwas dämpfen. Dies gilt insbesondere für Deutschland aufgrund der hohen Exportabhängigkeit. Die zusätzlichen Bremseffekte sollten sich aber in der Größenordnung eines Zehntelprozentpunktes abspielen.

Zusammen mit dem Handels-Deal mit Japan dürften die Zölle auch in den USA etwas höher ausfallen als bisher von uns erwartet. Es wird noch eine Weile brauchen, bis sich diese hohen Zölle in den Konsumentenpreisen in den USA niederschlagen. Studien aus dem ersten Handelskonflikt 2018 bis 2019 zeigen, dass der Verbraucher letztlich den größten Teil der höheren Zölle gezahlt hat. Wir erwarten, dass sich die Inflationsrate in den USA in den kommenden Monaten erhöhen wird und daher im Fokus der US-Notenbank – oder Fed – bleiben wird.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Hürde für weitere Zinssenkungen auf der letzten Pressekonferenz sehr hochgelegt. Mit der Einigung im Zollkonflikt entfällt ein wesentliches Risiko für Konjunktur und Inflation und macht eine Zinssenkung im September sehr unwahrscheinlich.

EUROPAS AKTIENMÄRKTE

In unseren Augen haben die Zollstreitigkeiten vor allem kurzfristig die größten Einflüsse auf die Europäischen Aktienmärkte. Da dieses Handelsabkommen nun eine weitere Eskalation im Handelskrieg verhindert, sind die Entwicklungen grundsätzlich als positiv zu bewerten. Nichtsdestotrotz sieht das Abkommen für die meisten europäischen Exporteure Zölle in Höhe von 15 Prozent vor, was eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Situation bedeutet.

Auf Sektorenebene scheint die Zivilluftfahrt zunächst als klarer Gewinner hervorzugehen, da hier die Zölle komplett außer Kraft gesetzt wurden. Die europäischen Automobilhersteller können nun mit Ausfuhrzöllen von 15 Prozent rechnen, die weit unter den ursprünglich befürchteten 27,5 Prozent liegen. Schließlich bleibt aufgrund fehlender Details oder noch andauernder Diskussionen eine gewisse Unsicherheit für einige Bereiche wie zum Beispiel Pharmazeutika und Chemikalien.