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Steigt der Ölpreis weiter an?

März 2021
Die Entscheidung der OPEC+ vom 4. März, ihre Förderkürzungen zu verlängern, sorgte für einen kräftigen Schub beim Ölpreis. Oleg Galbur, Analyst bei Raiffeisen Research glaubt nicht an eine rasche Entspannung am Markt und sieht dafür mehrere Gründe.
Raiffeisen Research
Oleg Galbur, Raiffeisen Research

Die OPEC+-Gruppe überraschte den Markt am 4. März erneut, indem sie beschloss, ihre aktuelle Produktion im April weitgehend unverändert zu halten, konstatiert Oleg Galbur, Analyst bei Raiffeisen Research. Wichtiger noch: Saudi-Arabien verpflichtete sich, seine freiwillige Kürzung von 1 Million Fass pro Tag über den März hinaus für einen weiteren Monat beizubehalten und nur schrittweise wieder an den Markt heranzuführen. Ähnlich wie bei der Entscheidung im Januar wurde Russland und Kasachstan erlaubt, ihre Produktion im April um zusammen 0,15 Millionen Fass pro Tag zu erhöhen.

Die Entscheidung der OPEC+ hat den Markt deutlich überrascht, der eine Lockerung der Produktionskürzungen um etwa 0,5 Million Fass pro Tag und eine Rücknahme der freiwilligen Kürzung von 1 Mio. Fass pro Tag durch Saudi-Arabien erwartet hatte. Die Erwartungen des Marktes wurden durch einen starken Anstieg des Rohölpreises seit Januar gestützt, der u.a. das Risiko einer teilweisen Rückkehr der US-Schieferölproduktion erhöht hat. Der saudische Ölminister hat jedoch angedeutet, dass die Zeiten einer schnellen Rückkehr des US-Schieferöls vorbei sein könnten, was unserer Meinung nach der Hauptgrund für die mutige Entscheidung der OPEC sein könnte, die aktuelle Fördermenge bis in den April zu verlängern. Die Gruppe hat auch erwähnt, dass sich die Fundamentaldaten für den Ölmarkt zwar verbessern, es aber viel Unsicherheit über die kurzfristigen Aussichten für die Erholung der Ölnachfrage gibt; daher wurde ein vorsichtiger Ansatz zur Drosselung von den Mitgliedsländern der Gruppe unterstützt.

Erhöhte Ölprognose
Das bewiesene Engagement der OPEC+, das Ölangebot knapp zu halten und damit die Wiederherstellung des Gleichgewichts am Ölmarkt zu beschleunigen, hat eine Aufwärtsrevision unserer Ölpreisprognose ausgelöst. Wir gehen davon aus, dass trotz eines starken Anstiegs des Ölpreises das Risiko eines Produktionswachstums im US-Schieferölraum kurzfristig gering bleibt. Wir denken, dass die Rückwärtsentwicklung des Ölpreises, knappere und teurere Finanzierungen sowie umweltbezogene Restriktionen, die von der neuen US-Regierung eingeführt wurden, die US-Akteure davon abhalten könnten, ihre Produktion schnell hochzufahren. Daher gehen wir davon aus, dass die Marktfundamentaldaten für den Ölpreis unterstützend bleiben und sehen einen durchschnittlichen Preis für Brent von über US-Dollar 70 pro Barrel im 2. und 3. Quartal 2021 und US-Dollar 67,5 pro Barrel in 2022.

Obwohl noch nicht unmittelbar bevorstehend, sollten Anleger Entwicklungen, die die Marktstimmung schwächen könnten, nicht ignorieren. Die Rückkehr der iranischen Ölexporte ist noch lange nicht in Sicht, insbesondere angesichts der jüngsten Weigerung des Iran, die Verhandlungen mit der neuen US-Regierung wieder aufzunehmen. Dennoch könnten wir bereits im ersten Halbjahr 2021 einige ermutigende Nachrichten sehen, da die US-Regierung nach Wegen sucht, den Dialog mit dem Iran wieder aufzunehmen. Auch wenn sie immer noch verwundet ist, sollte man die erwiesene Widerstandsfähigkeit der US-Ölindustrie nicht unterschätzen, die weiterhin als Swing-Produzent angesehen wird. Nicht zuletzt könnte die Erholung der Flugzeugtreibstoffnachfrage, die ca. 6 Prozent des globalen Rohölverbrauchs im Jahr 2019 ausgemacht hat, länger dauern, falls sich das Tempo der Covid-19-Impfungen nicht beschleunigt.

Angebot und Nachfrage weltweit
Wir rechnen mit einer durchschnittlichen globalen Rohölproduktion von 95 Million Fass pro Tag im Jahr 2021 und 100 Millionen Fass pro Tag im Jahr 2022 (gegenüber 100,3 Mio. Fass pro Tag im Jahr 2019 und 91,2 Millionen Fass pro Tag im zweiten Halbjahr 2020). Der Anstieg des Angebots in den Jahren 2021 und 2022 dürfte hauptsächlich von den OPEC-Mitgliedern und ihren Verbündeten getragen werden, während die US-Fördermenge im Jahr 2021 bei 16,3 Millionen Fass pro Tag bleiben und im Jahr 2022 um 5,5 Prozent gegenüber 2021 (also um knapp 1 Million Fass pro Tag) steigen dürfte.