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Saudi-Arabien: Das neue Dubai?

Februar 2024
Ob Saudi-Arabien Dubais Erfolgsgeschichte wiederholen kann, analysiert Reza Karim, Jupiter AM.
Jupiter AM
Reza Karim, Jupiter AM

Saudi-Arabien könnte vor einem der größten Umbrüche seit vielen Jahrzehnten stehen, zeigt Reza Karim, Investment Manager, Emerging Market Debt bei Jupiter AM, in seinem aktuellen Kommentar auf.

Der Public Investment Fund (PIF), einer der größten Staatsfonds der Welt, will sein verwaltetes Vermögen von derzeit 650 Milliarden US-Dollar bis 2025 und 2030 auf bis zu 1 bzw. 3 Billionen US-Dollar erhöhen. Der schiere Umfang der aktuellen Investitionen des Fonds ist gewaltig und kommt „Giga-Projekten“ zugute, die nach Aussage des PIF

„… darauf abzielen, neue Ökosysteme zu schaffen und neue Sektoren zu erschließen …, um die Wirtschaft anzukurbeln, und von denen schon aufgrund ihres schieren Umfangs erwartet wird, dass ihr Nutzen weit über den Immobilien- und Infrastruktursektor hinausgehen und zu einer breiteren Diversifizierung der Wirtschaft, weg vom Erdöl, beitragen wird.“(1)

Derzeit laufen fünf Projekte:

NEOM (futuristische Wüstenmetropole „The Line“

Red Sea (28.000 Quadratkilometer großes Luxustourismus-Resort)

Qiddiya Entertainment City (Freizeit- und Vergnügungspark)

ROSHN (bezahlbare Wohnungen)

Diriyah (Kultur- und Geschichtstourismus)

Jedes einzelne dieser Projekte ist gigantisch. In ihrer Gesamtheit werfen sie eine ganze Reihe von Fragen auf: Werden die Projektpläne sorgfältig geprüft, werden die Projekte überhaupt jemals einen wirtschaftlichen Nutzen bringen, könnte sich Saudi-Arabien damit finanziell überheben?

Realistischerweise wird sich der Erfolg dieser Vorhaben in etwa fünf Jahren beurteilen lassen. Bis dahin sollten wir einschätzen können, ob Saudi-Arabien zum Beispiel eine Nettomigration verzeichnet, was ein Erfolgshinweis wäre. Im Moment stehen wir diesen sehr ambitionierten – und teuren – Vorhaben jedoch eher skeptisch gegenüber. Die Marktbewertungen der saudi-arabischen Staatsanleihen spiegeln die mit derartigen Projekten verbundenen Risiken nicht wider. Dass wir im Rahmen unserer Strategie sowohl in Anleihen des saudi-arabischen Staates als auch in Anleihen staatsnaher Unternehmen weiterhin untergewichtet sind, verdeutlicht unsere Skepsis.

Allerdings ist uns auch bewusst, dass Viele vor etwa 50 Jahren ähnliche Zweifel in Bezug auf den von Dubai eingeschlagenen Entwicklungsweg hatten, der heute als Erfolgsgeschichte betrachtet werden kann. Könnte Saudi-Arabien in die Fußstapfen von Dubai treten?

Saudi-Arabien versucht zwar, das Modell von Dubai nachzuahmen, stößt dabei aber an mehrere Grenzen. Erstens ist das Pro-Kopf-BIP in Dubai mit etwa 50.000 Dollar rund doppelt so hoch wie in Saudi-Arabien. Trotzdem nimmt Saudi-Arabien viel teurere, größer dimensionierte Projekte in Angriff und geht davon aus, dass diese (zumindest bis zu einem gewissen Grad) Unterstützung bei der lokalen Bevölkerung finden. Zweitens dürften die Umsetzung und Steuerung derartiger Megaprojekte in Saudi-Arabien – einem Land, das zehn Mal so viele Einwohner wie Dubai hat – deutlich schwieriger sein. Drittens scheint die Qualität der Projekte zumindest auf den ersten Blick nicht so hoch zu sein wie in Dubai. Anders als Dubai hat Saudi-Arabien keine dienstleistungsorientierte Wirtschaft und es könnte sich als schwierig erweisen, die einheimische Bevölkerung für eine serviceorientierte Denkweise zu gewinnen. Viertens zeigt Saudi-Arabien in Bezug auf den angestrebten Grad der Offenheit seiner Wirtschaft bislang keine klare Linie. Das Land verfolgt in einigen Bereichen (zum Beispiel im Immobiliensektor) eine wenig wirtschaftsfreundliche Politik.

Aufgrund dessen belegt Saudi-Arabien auch keinen der vorderen Plätze im „Ease of Doing Business Index“ der Weltbank, einem Ranking zur Geschäftsfreundlichkeit von Volkswirtschaften. Fünftens scheint der Ausbau der Infrastruktur in Riad schon jetzt zu langsam voranzukommen. Die Verkehrsüberlastung ist groß, die Fertigstellung der Metro in diesem Jahr unrealistisch. Wie uns mehrere in Dubai ansässige Unternehmen berichtet haben, sehen sich viele westliche Unternehmen, die gerne in Riad tätig wären, aufgrund der defizitären Infrastruktur in Saudi-Arabien dazu gezwungen, von Dubai aus zu agieren. In Orten wie Jeddah gibt es riesige Bezirke, in denen bestehende Gebäudesubstanz abgerissen worden ist, um Platz für Neubauten zu schaffen. Durch zu schleppende Fortschritte scheint es jedoch bereits zu Engpässen zu kommen.

Positiv zu vermerken ist die erstaunlich schnelle Öffnung von Wirtschaft und Kultur. Obwohl Frauen erst seit 2021 selbst Auto fahren dürfen, ist es heute normal, dass Frauen am Steuer sitzen oder bei der Einwanderungspolizei arbeiten. Die Beteiligung von Frauen am Wirtschaftsleben hat rapide zugenommen, und bei allen unseren Unternehmensbesuchen trafen wir mehrere weibliche Angestellte der oberen Führungsebene. Mohammed bin Salman scheint bei der Bevölkerung im Großen und Ganzen beliebt zu sein, und die Menschen scheinen die von ihm eingeleiteten Veränderungen zu begrüßen, insbesondere die Entschärfung der Religionspolizei. Darüber hinaus erinnern Riads neue und aufstrebende Bezirke mit ihrem internationaleren Flair tatsächlich an Dubai.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Markt in Saudi-Arabien zwar boomt und die dort zu beobachtenden Veränderungen sich als umwälzend erweisen könnten. Trotzdem bleiben wir relativ vorsichtig, was die ehrgeizigen Pläne des Landes angeht, und glauben, dass Saudi-Arabien in den nächsten Jahren auf einige Herausforderungen zusteuert.

Nach Saudi-Arabien fühlte sich der Oman wie ein schläfriges Nest mit einer augenfälligen Abwesenheit von Baukränen an. Omans Anleihen dürften schon in naher Zukunft auf Investment Grade hochgestuft werden. Das Land verzeichnet in diesem Jahr einen Haushalts- und Leistungsbilanzüberschuss von jeweils rund zwei Prozent. (2) Es scheint keine große Dringlichkeit zu bestehen, neue Projekte zu starten, und man hat den Eindruck, dass die Wirtschaft ihre Kapazitätsgrenze bereits erreicht hat. Das Land scheint keine größeren Ambitionen in Bezug auf den Ausbau der heimischen Wirtschaft zu haben, sondern stattdessen lieber im Ausland zu investieren. Da die Fremdkapitalaufnahme der Unternehmen deutlich gesunken ist, überrascht die fehlende Expansionsdynamik nicht sonderlich. Auch die Bewertungen erscheinen insgesamt recht ausgereizt. Wir sind seit einiger Zeit in den Titeln mehrerer staatsnaher Unternehmen investiert. Hier handelt es sich inzwischen weitgehend um einen „Crowded Trade“ – also ein Segment, in dem sich schon viele Investoren tummeln – und wir rechnen nicht mit einer weiteren Spreadverengung.

Neben weiteren Maßnahmen zur Steigerung der Bevölkerungszahl von 3,6 auf 5 Millionen haben die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ein „goldenes Visum“ für Fachleute eingeführt, die einen wertvollen Beitrag für die VAE leisten und zu ihrer Entwicklung beitragen können. Soweit scheinen sich diese Maßnahmen auszuzahlen. Außerdem versucht das Land, sich vorsichtig so zu positionieren, dass es von der Wachstumspolitik Saudi-Arabiens profitieren kann. Während sich der Zustrom russischer Migranten verlangsamt zu haben scheint, ist die Nettozuwanderung aus Indien,