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Mangelndes Finanzwissen als Kostenfaktor

August 2023
Das Ergebnis einer aktuellen Allianz-Studie zeigt: Geringe Finanzkompetenz kann einen durchschnittlichen Haushalt in Deutschland jährlich rund 2.300 Euro kosten.
Allianz
Ludovic Subran, Allianz

Geringe Finanzkompetenz kann einen durchschnittlichen Haushalt in Deutschland jedes Jahr rund 2.300 Euro kosten – das hat eine neue Studie der Allianz ergeben. Über einen Zeitraum von 10 Jahren könnten sich die finanziellen Folgen geringer Finanzkompetenz demnach auf bis zu 36.663 Euro aufaddieren im Vergleich zu durchschnittlicher Finanzkompetenz. Im Rahmen der Studie wurden jeweils mehr als 1.000 Personen in Deutschland und in sechs weiteren Ländern befragt, um ihr Wissen über finanzielle Grundlagen wie Zinssätze, Inflation sowie Anlagerisiken und -erträge zu testen.

Beunruhigenderweise zeigen die Ergebnisse, dass mehr als ein Viertel der Deutschen nur eine „geringe Finanzkompetenz“ aufweist. Sie verfügen demnach nicht über das Wissen und die Fähigkeiten, um solide finanzielle Entscheidungen zu treffen. 56 Prozent haben der Studie nach ein durchschnittliches Finanzwissen, und nur 16 Prozent der Testpersonen zeigten ein hohes Finanzwissen. Dies entspricht in etwa den Ergebnissen in den anderen untersuchten Ländern. Interessant: Zwei Drittel der global Befragten schätzen ihr Wissen über Finanzmärkte und Investieren geringer ein als das des Durchschnitts.

Aber was kostet sie diese Wissenslücke eigentlich? Ausgehend von der Höhe des Finanzvermögens, das ein durchschnittlicher Haushalt besitzt, hat Allianz errechnet, dass sich die Unterschiede bei den Renditen von Investitionen jeder Art zwischen Menschen mit geringer, durchschnittlicher und hoher Finanzkompetenz drastisch unterscheiden können. Eine Person mit hoher Finanzkompetenz kann damit rechnen, 2.690 Euro zusätzlich zu verdienen, was mehr als dem durchschnittlichen Monats-Nettolohn in Deutschland entspricht[1]. Im Laufe von 30 Jahren summiert sich das zu der gewaltigen Summe von 196.502 Euro.

„Geringe Finanzkompetenz tut richtig weh“, sagt Ludovic Subran, Chefökonom der Allianz. „Über lange Anlagezeiträume, z. B. beim Sparen für den Ruhestand, kann es Sie buchstäblich ein Vermögen kosten. Die gute Nachricht aber ist: Kluge Finanzentscheidungen zu treffen, ist keine Raketenwissenschaft. Wenn man sich grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten aneignet, kann man bereits von einer geringen zu einer durchschnittlichen Finanzkompetenz gelangen und deutlich mehr Geld im Portemonnaie haben.“

GROSSE UNTERSCHIEDE BEIM SELBSTVERTRAUEN

Angesichts des schwierigen Wirtschaftsklimas wurden die Teilnehmer der Studie auch nach ihren Erwartungen in Bezug auf ihre finanzielle Zukunft gefragt. Während sechs von zehn Befragten die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland als eher schlecht bis sehr schlecht einschätzen, ist der Anteil derjenigen mit geringer Finanzkompetenz, die das Gleiche über ihre eigenen wirtschaftlichen Aussichten sagen, etwas höher (66 Prozent). Demgegenüber sind nur etwa 14 Prozent der Befragten mit hoher Finanzkompetenz sehr zuversichtlich, was ihre eigene finanzielle Situation angeht.

Dieser Mangel an Selbstvertrauen ist in den meisten der betrachteten Länder vor allem bei den Frauen bemerkenswert. In Deutschland sind es hingegen eher die Männer, denen es an Vertrauen in Finanzangelegenheiten fehlt: 62 Prozent von ihnen sind nicht sicher, was ihre finanzielle Situation angeht. Die Studie stellte auch fest, dass in Deutschland mehr Männer als Frauen ein geringes Finanzwissen aufweisen (37 Prozent der Männer gegenüber 20 Prozent der Frauen), wobei Frauen häufiger auf eine oder mehrere Fragen des Quiz zum Finanzwissen mit „weiß nicht“ antworteten. Dies deutet auch auf ein geringes Vertrauen in ihr Finanzwissen und ihre Entscheidungsfähigkeit hin.

Ähnlich verhält es sich auch mit der Kluft zwischen den Generationen. Die Studie zeigt, dass Finanzkenntnisse und -fähigkeiten mit dem Alter zunehmen, wobei der Anteil der Personen mit hoher Finanzkompetenz bei den Babyboomern (21 Prozent) höher ist als bei der Gen Z (6 Prozent) und den Millennials (11 Prozent) zusammengenommen.

„Typischerweise konzentrieren sich Programme zur Vermittlung von Finanzwissen auf die Förderung von Rechenfertigkeiten. Dabei ist Finanzwissen mehr als Mathematik“, sagt Patricia Pelayo Romero, Senior Economist bei der Allianz und Mitautorin der Studie. „Jede erfolgreiche Maßnahme zur Vermittlung von Finanzwissen, insbesondere solche, die sich an Frauen und junge Menschen richten, sollte mit der Stärkung des Selbstvertrauens beginnen.“

[1] „Im Jahr 2022 betrug der Durchschnitt der monatlichen Nettolöhne/Nettogehälter je Arbeitnehmer in Deutschland 2.245 Euro. Das Nettogehalt stellt das Gesamtgehalt nach Abzug von Steuern und dem Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge dar.“ Statista, J. Rudnicka, 02.06.2023