Die europäischen Währungshüter haben ihre Leitzinsen wie erwartet unangetastet gelassen. Doch wie geht es geldpolitisch weiter in Europa? Die Pressekonferenz nach der jüngsten Sitzung gab dazu keinen Aufschluss, meint Sandra Rhouma, Vice President und European Economist im Fixed Income Team von AllianceBernstein.
Sie erläutert ihre Meinung: Dennoch gehe ich weiterhin von einer Zinssenkung im Dezember aus – allerdings liegen die Hürden höher als noch vor einigen Monaten. Der Fokus verlagert sich auf die Prognose für Dezember, mit der sich der Zeithorizont bis 2028 verlängert. Dabei werden mehrere Faktoren eine Rolle spielen: Ein stärkerer Euro, der Handel und die Fiskalpolitik. Die Inflation liegt mit 1,7 Prozent für 2026 und 1,9 Prozent für 2027 bereits unter dem Zielwert. Der Rückgang ist zwar gering, könnte aber größer und anhaltender werden. Um ihre derzeitig „gute Position” zu halten, müsste die EZB reagieren.
Auch wenn die Hürden höher liegen, sprechen die Rahmenbedingungen insgesamt für eine Senkung. Einige Banken haben eine Zinserhöhung für 2026 einkalkuliert. Der vom Markt implizierte Leitzins liegt in drei Jahren bei 2,26 Prozent. Eine Straffung der Geldpolitik bis Ende 2026 oder darüber hinaus ist selbst unter Berücksichtigung höherer Fiskalausgaben in Deutschland schwer zu rechtfertigen. Auch Präsidentin Christine Lagarde hat sich während der Pressekonferenz gegen dieses Szenario ausgesprochen. Die aktuellen Zinsen dürften die Obergrenze des neutralen Zinssatzes sein. Sofern keine größeren strukturellen Veränderungen eintreten, wird die EZB diese Grenze nicht überschreiten.

