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Erhöhte Transparenz und offene Fragen für Berater und Anbieter

April 2021
Finanzberater und Anbieter nachhaltiger Finanzprodukte müssen im Zuge regulatorischer Vorgaben der Europäischen Union vielfältige Transparenzanforderungen erfüllen. Die Umsetzung vollzieht sich in mehreren Schritten, zumal wichtige Details fehlen.
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Im Rahmen des Aktionsplans der Europäischen Union (EU) zur Finanzierung eines nachhaltigen Wachstums ist am 10. März 2021 die EU-Offenlegungsverordnung in Kraft getreten. Das Regelwerk, das aufgrund seiner englischen Bezeichnung „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ auch als SFDR abgekürzt wird, hat vor allem ein Ziel: Transparenz schaffen und zwar in mehreren zeitlich aufeinanderfolgenden Stufen. Denn die Regelungen sind sehr umfangreich und die „technischen Regulierungsstandards“, kurz RTS, wurden erst Mitte Februar 2021 final veröffentlicht.

Folglich steht damit erst seit einigen Wochen fest, wie betroffene Finanzmarktakteure die Transparenz im Hinblick auf „grüne Finanzprodukte“ verbessern sollen. „Union Investment hat sich – gemeinsam mit anderen Stakeholdern – auf unterschiedlichen Ebenen für eine Verschiebung eingesetzt“, sagt Dennis Scharfenberger, Regulierungsexperte der Investmentgesellschaft, mit Blick auf die Umsetzung der RTS. Dieser Schritt sei zudem notwendig, weil auch bei anderen Rechtsakten des EU-Aktionsplans klare Umsetzungsvorgaben ausstehen.

Da die Umsetzung der RTS auf den 1. Januar 2022 verschoben wurde, halten sich die seit wenigen Tagen geltenden Informationspflichten nach Einschätzung des deutschen Fondsverbandes BVI noch in Grenzen. So müssen Produktanbieter und Finanzberater auf ihrer Homepage in den vorvertraglichen Informationen ihrer Produkte sowie den Jahresberichten über bestehende Nachhaltigkeitsrisiken aufklären. „Ein Nachhaltigkeitsrisiko können zum Beispiel vermehrt auftretende Extremwetterlagen sein, die zu negativen Aktienkursentwicklungen bei Zielunternehmen aus einem Anlageprodukt führen und somit auch die Rendite des Anlegers negativ beeinflussen können“, sagt Alexander Lehmann, Vorstand für Marketing und Vertrieb bei der FondsKonzept AG. Die Informationspflichten betreffen dann einerseits die Frage, wie Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungen beachtet werden. Andererseits geht es darum, inwieweit nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf ESG-Faktoren berücksichtigt werden. Zudem sind Nachhaltigkeitsrisiken bei der unternehmerischen Vergütungspolitik einzubeziehen.

Mit Blick auf den Vertrieb weist Lehmann auf zweierlei hin: Finanzberater, die als Kleinunternehmer mit weniger als drei Angestellten im Markt aktiv sind, sind nicht von den Informationspflichten betroffen. Gleiches gilt nach aktuellem Stand und Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auch für Finanzanlagenvermittler mit der Lizenz des § 34 f GewO – im Gegensatz zu Versicherungsvermittlern, die nach § 34 d GewO, Versicherungsanlageprodukte wie Fondspolicen verkaufen. „Wir empfehlen unseren zahlreichen § 34 f-Maklern dennoch, sich bereits heute mit der Transparenzverordnung zu beschäftigen. So schließen wir uns der Meinung des Bundesverbandes Finanzdienstleistung AfW sowie des VOTUM-Verbandes an, dass die praxisferne Unterscheidung früher oder später fallen wird und auch Makler mit einer Lizenz nach § 34 f GewO in die Transparenz-Verordnung einbezogen werden“, erläutert der Marketing- und Vertriebsvorstand des Maklerverbundes. Ähnlich ist die Sichtweise beim BVI.

„Die neue EU-Offenlegungsverordnung verpflichtet uns transparent darzulegen, inwiefern unser Wirtschaften mögliche nachteilige Effekte auf Nachhaltigkeitsfaktoren bedingt, ob wir Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen und auf welche Weise wir ESG-Kriterien in der Kapitalanlage berücksichtigen“, erläutert Daniel Regensburger. Der Geschäftsführer von Pangaea, der Nachhaltigkeits-Tochter der Versicherungsgruppe die Bayerische, betont: „Dies müssen wir in den vorvertraglichen Unterlagen, ebenso wie auf der Webseite ab dem 10. März 2021 und in regelmäßigen Reportings ab dem 1. Januar 2022 offenlegen.“ Vonseiten der Generali Versicherungsgruppe heißt es auf die Nachfrage, wie die EU-Transparenz-Anforderungen erfüllt werden, dass Nachhaltigkeitskriterien immer stärker in der Kapitalanlage, im Risikomanagement sowie in vielen originären Geschäftsprozessen entlang der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigt werden.

Weniger Indikatoren im Fokus

Den zweiten Schwerpunkt der Informationspflichten bilden die „negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren“. Sie werden nach dem englischsprachigen Begriff „Prinicpal Adverse Impact Indicators“, auch als PAIs abgekürzt. Finanzunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen zwingend über die PAIs berichten. Betriebe der Branche mit geringerer Personalstärke brauchen nur eine Erklärung abgeben, ob sie PAIs berücksichtigen bzw. müssen es begründen, falls sie dies nicht tun. Bei der Zahl der Indikatoren haben die RTS sozusagen zu einer Konzentrierung geführt: Es sind nunmehr 14 verpflichtende Indikatoren für Investitionen in Unternehmen und jeweils zwei für Investitionen in Staatsanleihen und Immobilien zu beachten. Ergänzend komme dann jeweils mindestens ein weiterer freiwilliger Indikator aus den Bereichen Umwelt und Soziales hinzu. Probleme bereitet offenbar eine teils mangel-hafte Datenlage. Laut Fondsverband können sich Fondsanbieter deshalb direkt an die Unternehmen wenden oder Daten von externen Anbietern einkaufen – vorausgesetzt, Art und Umfang der Daten sind klar.

„Die Hauptproblematik bei PAI ist derzeit noch die mangelnde bzw. unvollständige Datenverfügbarkeit am Markt“, bestätigt der Regulierungsexperte von Union Investment. Um beispielsweise die PAI messen und berechnen zu können, müssen solche PAI-Daten in Form von Rohdaten von externen Datenprovidern (Research-Unternehmen) geliefert werden (können). Hierzu bedürfe es aber der entsprechenden RTS Taxonomie-Verordnung. Bis dahin sei für die Datenprovider weder klar, welche Daten sie sammeln und anbieten, noch auf welche Art und Weise sie die Daten aufbereiten können. „PAIs werden bei Union Investment ab dem 30. Juni 2021 auf Unternehmensebene berücksichtigt“, sagt Scharfenberger. Von diesem Zeitpunkt an soll ein entsprechender Umsetzungsprozess im Portfoliomanagement etabliert und auf der Website erklärt werden.

Auch auf zwei weiteren Feldern stellt das Warten auf klare Vorgaben und Umsetzungsdetails die Produktanbieter nach Meinung des Regulierungsexperten vor Herausforderungen: bei der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage und der Konzeption von Art. 9-Produkten (Impact). Gemeint ist die Aufteilung von Finanzprodukten innerhalb der SFDR in folgende drei Gruppen:

  1. Artikel 8 „hellgrüne“ Produkte verfolgen ESG-Ziele, ohne dabei einer reinen ESG-Strategie nachzugehen.
  2. Artikel 9 „dunkelgrüne“ Produkte investieren in eine wirtschaftliche Tätigkeit, die dazu beiträgt, ein Umwelt- oder soziales Ziel zu erreichen. Der Beitrag muss messbar sein und dem Anleger ausgewiesen werden.
  3. Artikel 6 Produkte haben keine explizite ESG-Komponente.

„Derzeit bieten wir im Publikumsfondsvertrieb nur Art. 8-Produkte nach Offenlegungs-Verordnung an“, ergänzt Scharfenberger und fügt hinzu: „Die Konzeption von Art. 9-Produkten befindet sich aktuell noch in der Produktentwicklung.“

Die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage spielt bei der Kundenberatung eine wichtige Rolle. „Voraussichtlich ab Mitte 2022 müssen alle Berater die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden im Rahmen der Anlageberatung und Vermögensverwaltung abfragen“, sagt der Union Investment-Experte. Positiv sei zwar, dass die Abfrage zur Nachhaltigkeitspräferenz in den Beratungsprozess integriert wird, jedoch bleiben nach jetzigem Stand die finanziellen Anlageziele und -bedürfnisse des Kunden vorrangig. „Produkthersteller sollen deshalb künftig ihre Produkte nach bestimmten Nachhaltigkeitsmerkmalen einordnen, um den Vertriebsstellen den Abgleich mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden zu ermöglichen“, empfiehlt Scharfenberger. Die Details der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage seien aber eben unklar, da die entsprechenden delegierten Rechtsakte noch nicht final beschlossen sind.

„Neben den genannten vorvertraglichen Informationen werden wir in der Beratungsdokumentation nicht nur die Frage nach nachhaltigen Zielen des Kunden stellen, sondern ihn auch nach seinen bisherigen Kenntnissen und Erfahrungen im ESG-Bereich befragen“, sagt Lehmann von Fondskonzept. Zudem werde ein Passus zum Thema ESG in den „Wichtigen Informationen zu Finanzinstrumenten“ aufgenommen und für die § 34 d-Makler eine eigene Dokumentation bzw. Abfrage im Bereich der Versicherungsanlageprodukte zur Verfügung gestellt. „Ein weiterer Schwerpunkt bei der Unterstützung der Partner ist das Maklerservicecenter, über das die Zielmarktdaten aller Fonds hinsichtlich ihres ESG-Anteils überwacht werden und die prozentuale Verteilung im Kundenportfolio ausgelesen bzw. gesteuert wird“, ergänzt der Marketing- und Vertriebsvorstand des Maklerverbunds und betont: „Wenn die entsprechende Datenbasis der Produktgeber aufgebaut ist, sollten sich für die Makler neue Möglichkeiten ergeben, die für das Thema Nachhaltigkeit stark sensibilisierten Kunden umfassend zu beraten und ihre Bestände in diesem attraktiven Geschäftsfeld auszubauen.“ Pangaea bietet Beratern zum Start der EU-Offenlegungsverordnung erstmals eine digitale Investmentreise an. Regensburger: „Sie können ihre Kunden per VR-Brille hautnah zu den Sachwert-Investments unseres Pangaea Life Fonds mitnehmen.“