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„Die Unabhängigkeit stärkt unsere dunkelgrüne DNA“

Dezember 2023
Mit einer Stiftungsgründung wollen die Stammaktionäre der Ökoworld AG die Unabhängigkeit der Investmentgesellschaft langfristig sicherstellen. Im gemeinsamen Interview gehen Torsten Müller, Vorstandsmitglied, und Verena Kienel, Leiterin des Nachhaltigkeitsresearchs bei Ökoworld, auf jüngste Ergebnisse bei der Kapitalanlage und Qualitätsbewertung ihrer Fonds ein und sprechen über geplante Aktivitäten im Jahr 2024.
Ökoworld
Torsten Müller und Verena Kienel, Ökoworld

FONDS exklusiv: Herr Müller, wie hat der Vertrieb den doch abrupt wirkenden Wechsel an der Unternehmensspitze aufgenommen?
TORSTEN MÜLLER: Alfred Platow hat fast 50 Jahre lang an der Spitze von Ökoworld gestanden. Er hat das Unternehmen aufgebaut, geprägt und zu großem Erfolg geführt. Ein Generationswechsel ist in einem solchen Umfeld immer ein einschneidendes Ereignis. Viele Vertriebspartner haben angefragt, was das für uns bedeutet und ob sich etwas Grundlegendes ändert. Das Vorstandsteam hat dann deutlich gemacht, dass sich an der grundlegenden Ausrichtung und Arbeitsweise von Ökoworld auch in Zukunft nichts ändern wird. Das erfolgreiche Werk unserer Gründer Klaus Odenthal und Alfred Platow wird selbstverständlich weitergeführt. Das sehen die Gründer übrigens genauso. Ein besonders wichtiges Signal ist deshalb auch, dass die beiden Gründer und weitere Stammaktionäre ihre Stammaktien in eine neu zu errichtende Stiftung einbringen werden.

Was bedeutet diese Stiftungsgründung für die künftige Entwicklung von Ökoworld?
T. M.: Die Gründungsgesellschafter und weitere Stammaktionäre werden ihre Stammaktien, mit denen sie Einfluss auf die Geschäftsentwicklung von Ökoworld nehmen können, in die neue Stiftung einbringen. Neben den beiden Gründerfamilien sind das langjährige Freunde und ehemalige Mitarbeitende, die uns lange auf unserem Weg begleitet haben. Damit wird sichergestellt, dass die Unabhängigkeit des Unternehmens gerade auch mit Blick auf die Nachhaltigkeitsstrategie, die uns im Wettbewerb so stark macht, auch in Zukunft dauerhaft erhalten bleibt.

Wie ist das Jahr 2023 vertrieblich für Ökoworld gelaufen? Vonseiten der Kapitalmärkte gab es nicht gerade Rückenwind.
T. M.: Richtig, die Performanceergebnisse haben weder uns noch unsere Kunden zufriedengestellt, sodass es hier einigen Gesprächsbedarf gab. Besonders für die Kunden, die in den zurückliegenden Jahren neu investiert haben, war es herausfordernd, weil unsere Fonds zuvor gerade in den Pandemiejahren sehr gut performt hatten. So erzielte beispielsweise unser Klimafonds 2021 ein Plus von rund 46 Prozent nach Kosten. Ein sehr erfreuliches Ergebnis gab es dieses Jahr auf der qualitativen Seite. Die Stiftung Warentest hatte in der Finanztest-Ausgabe vom September 934 Nachhaltigkeitsfonds auf deren Nachhaltigkeit untersucht. Nur acht Fonds schafften die Bestnote und zwei davon stammen aus unserem Haus: der Ökovision Classic und der Growing Markets 2.0. Das unterstreicht die Qualität unserer Fonds und bestärkt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, auch wenn es an den Kapitalmärkten mal ruppig zugeht.

Kurz nachgefragt: Was waren die Gründe für die unbefriedigenden Anlageergebnisse?
T. M.: Unser strenger Nachhaltigkeitsansatz führt dazu, dass wir in viele Titel, die in den letzten 18 Monaten stark performt haben, kaum investieren konnten. Konkret sind das die großen Tech-Werte wie Microsoft, Amazon und Co, große Versorger, die Rüstungsindustrie ebenso wie Finanztitel, allen voran Banken, die von den gestiegenen Zinsen profitiert haben. Aber ich habe mir gerade die aktuellen Anlageergebnisse des laufenden Jahres angeschaut und da zeigt sich, dass die Wertentwicklung von vier unserer fünf Fonds wieder im positiven Bereich liegt. An dieser Stelle ist aber stets der Hinweis wichtig, dass die Fonds eine mittel- bis langfristige Ausrichtung verfolgen.

Stichwort langfristig: In der Altersvorsorge sind Sie mit der Klimarente unterwegs. Haben die Anlageergebnisse der Akzeptanz geschadet?
T. M.: Nein, als dunkelgrüne Altersvorsorge ist die Klimarente langfristig ausgerichtet und wird sehr gut von unseren Vertriebspartnern angenommen. Hinzu kommt, dass unsere Fondsmanager die Allokation unserer Fonds in der Fondspolice aktiv managen, also vierteljährlich die Gewichtungen anpassen, sofern die Entwicklungen an den Kapitalmärkten dies erfordern.

An den Kapitalmärkten werden vor allem Anleihen gute Ertragschancen eingeräumt. Der Blick auf Ihre Fondspalette zeigt, dass Sie hier – abgesehen vom Rock’n’Roll-Fonds – kein Angebot haben. Werden Sie das ändern?
T. M.: Wir beschäftigen uns tatsächlich gerade damit, ob wir einen schwankungsärmeren Mischfonds auflegen werden, um ein defensiveres, aber ebenso dunkelgrünes Produkt anzubieten. Das ist im Übrigen auch mit Blick auf unsere Klimarente und Fondspolicen, die ebenfalls in unsere Fonds investieren, von Bedeutung. Kunden wollen mit zunehmendem Alter die Aktienquote reduzieren, um ihre erzielten Vermögenswerte zum Rentenbeginn gegen Verluste zu sichern.

Derzeit hapert es oft am Einstieg in die nachhaltige Geldanlage, weil Kunden und Vermittler von der erforderlichen Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen überfordert und genervt sind. Wie bewerten Sie die Lage, Frau Kienel?
VERENA KIENEL: Ich stimme Ihnen zu. Erfreulicherweise gibt es hier gerade Bewegung. So berichtete gerade das Forum Nachhaltige Geldanlage, dass von Verbandsseite Verbesserungsvorschläge an die EU-Kommission gerichtet wurden.

Sprechen wir über Ihr Research. Warum ist dessen Unabhängigkeit, auf die Torsten Müller eingangs schon hinwies, für Kunden ein so bedeutender Mehrwert?
V. K.: Die Ökoworld ist keiner Konzernmutter verpflichtet und frei von Interessen anderer Kapitalgeber. Diese Unabhängigkeit stärkt besonders unser Nachhaltigkeitsresearch, welches aus zwölf Mitarbeitenden besteht und sozusagen die dunkelgrüne DNA unseres Hauses ist. Nur so können wir eine strikte Trennung vom hauseigenen Fondsmanagement sicherstellen. Das bedeutet in der Praxis: Wird ein Unternehmen als vielversprechend identifiziert, gibt das Fondsmanagement diese Anlage-idee an unser Nachhaltigkeitsresearch weiter, wo geprüft wird, ob die Gesellschaft keines unserer Ausschlusskriterien verletzt und Positivkriterien von uns erfüllt. Nur wenn beides der Fall ist, gelangt es in unser Anlageuniversum und wird damit investierbar. Dabei kommen wir übrigens häufig zu anderen Ergebnissen als externe Ratingagenturen. Wir arbeiten zwar mit externen Datenanbietern zusammen, entscheiden aber stets auf Basis eigener Bewertungen.

Nehmen wir zwei aktuelle Beispiele: Warum erfüllt Nvidia Ihre Nachhaltigkeitsanforderungen, aber Microsoft nicht?
V. K.: Bei beiden Unternehmen greifen im Grunde keine Ausschlusskriterien. Bei Microsoft stört uns die Marktmacht des Unternehmens und die daraus resultierenden Kontroversen, beispielsweise im Zusammenhang mit Datenschutzanforderungen. Bei Nvidia hingegen überzeugt uns der hohe Produktnutzen, weil das Unternehmen spezielle Prozessoren mit sehr hohem Nutzwert herstellt, nicht nur im Spielesektor, sondern in Zukunftsbereichen wie Künstliche Intelligenz, Super-Computing und Forschung.

Richten wir abschließend den Blick auf 2024. Was wollen Sie künftig anpacken? Worauf können sich Vermittler und Kunden bei Ökoworld einstellen?
T. M.: Wir werden unsere dunkelgrüne Nachhaltigkeitsstrategie mit der gewohnten Konsequenz weiterverfolgen. Darauf können sich Kunden und Vermittler auch in Zukunft verlassen. Dank einer deutlichen personellen Verstärkung werden wir unsere Vertriebspartner noch besser betreuen können. Auf dieser Basis stehen drei Themen im Fokus: Erstens wollen wir – zusätzlich zu den aktuellen Zielgruppen – verstärkt jüngere Zielgruppen auf ihren Kommunikationskanälen ansprechen. Zweitens werden wir gerade bei jungen Leuten die Vorteile von Sparplänen kommunizieren und generell mit neuen Produktlösungen im Versicherungs- und Fondsbereich aufwarten. Drittens möchten wir mehr über Inhalte sprechen. Einerseits geht es um eigene Aktivitäten wie Engagement auf Hauptversammlungen, andererseits über gesellschaftlich relevante, auch komplexe und kritische Themen. Hierüber möchten wir stärker mit den Menschen in einen Diskurs treten und so am Ende des Tages den Bekanntheitsgrad von Ökoworld weiter erhöhen.