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Gewaltiges Potenzial

Printausgabe | Juli 2024

Der Vorsorgebedarf nimmt zu, aber das Geld reicht nicht aus. Mit der bAV lässt sich hier eine Brücke bauen – vorausgesetzt, sie wird tragfähig geplant.

Fonds exklusiv

Das „Betriebsrentenstärkungsgesetz 2“ soll in den Startlöchern stehen, genau genommen der Entwurf desselben. Das war jüngst aus Regierungskreisen zu vernehmen. Wer damit eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung, kurz bAV, verbindet, dürfte enttäuscht werden. Denn im Mittelpunkt stehen vor allem Verbesserungen beim sogenannten Sozialpartnermodell. Das vor Jahren eingeführte Konstrukt wird kaum genutzt. Gerade einmal drei Konzepte sind bisher in der Wirtschaft verankert. Durch eine Öffnung für tarifungebundene Arbeitgeber könnte dies vermutlich geändert werden.

Gleichwohl ist die Prioritätensetzung bemerkenswert. Da wird einerseits an einem Modell herumgeschraubt, das kaum einer will. Eine millionenfach genutzte Förderrente – namentlich die Riester-Rente – lässt die Politik hingegen sehenden Auges gegen die Wand fahren. Und selbst innerhalb der bAV müsste der Hauptfokus eigentlich der stärkeren Verbreitung bei kleinen und mittleren Betrieben gelten. Denn hier ist noch viel Luft nach oben. So liegt bspw. nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft der bAV-Anteil bei Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten bei 29 Prozent, während er bei Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmern über 90 Prozent hoch ist.

Drei Maßnahmen im Fokus

Dieser Unterschied ist vor allem deshalb inakzeptabel, weil die gesetzliche Altersrente allein nicht zur Finanzierung eines vielfach langen und aktiven Ruhestands ausreichen wird. Das hat sich weitestgehend herumgesprochen und wird selbst von der Politik nicht bestritten. Im Lebensalltag vieler Menschen erschwert jedoch die Inflation das Vorsorgesparen aus dem laufenden Einkommen. Genau hier kann die bAV helfen. Denn sie gilt als die bestgeförderte Vorsorgevariante. Konkret eröffnet sie Arbeitnehmern die Möglichkeit, eine zusätzliche Rente dank Sozialabgabenersparnissen und/oder staatlichen Förderungen mit geringerem persönlichem Kapitaleinsatz aufzubauen.

Mit dem Ziel, die Verbreitung zu verstärken und drohender Altersarmut in der Zukunft entgegenzuwirken, wären vor allem drei Maßnahmen wichtig: Verbesserung der Geringverdienerförderung, Abbau bürokratischer Hürden, insbesondere bei dem hier am stärksten nachgefragten Durchführungsweg Direktversicherung. Und drittens sollte konsequenterweise ein Opting-out-Verfahren eingeführt werden. Arbeitnehmern wird dann im Rahmen einer Entgeltumwandlung eine bAV angeboten, der sie aktiv widersprechen müssen, wenn sie nicht daran teilhaben wollen. Bisher wird dieser Weg aber nur auf tarifvertraglicher Ebene beschritten. Für eine bundesweite Einführung fehlte der Politik bisher der Mut, übrigens nicht nur der „Ampel“.

Immerhin haben Beschäftigte längst ein Recht auf Entgeltumwandlung. Gleichzeitig können es sich auch kleinere und mittlere Unternehmen im Wettbewerb um Fachkräfte immer weniger leisten, auf eine bAV zu verzichten. Denn diese Leistungen haben nicht nur eine Bindungswirkung, sondern werden inzwischen vielfach vorausgesetzt. Damit Arbeitgeber den „Sprung“ vollziehen, müssen sie die bAV einfach einführen und verwalten können. Für die Beschäftigten kommt es stärker darauf an, dass sie ihre Betriebsrente renditestark und kostenarm aufbauen können. Mehr bedarf es im Kern nicht, damit Berater eine Win-Win-Win-Situation erzielen können. Das Marktpotenzial ist gewaltig.